Allgemein

Wir alle kennen die Bilder von der Galerie Vittorio Emanuele II, der Luxuspassage in der Mailänder Innenstadt mit Glaskuppel oben und Prada-Stores unten. Bei einer schnellen Google Bildersuche nach den eindrucksvollsten Sehenswürdigkeiten der Modestadt Mailand, ist die Passage leergefegt und der goldene Schein der Morgensonne fällt auf den gemusterten Marmorboden. Ein Traum. Nicht. Denn wer vor Ort ist, hat erst einmal Mühe, sich durch die Menschenmassen zu kämpfen. Dann steht man unter der Kuppel, die Luft ist schlecht, an der einen Seite Baustelle, an der anderen Touri-Trap-Restaurants. Man kennt’s: Die eigentliche Erfahrung kommt den Bildern in Reiseführern selten nahe. Aber wenn man schon mal vor Ort ist, macht man eben doch ein schnelles Foto für Insta oder die Familie zuhause, was soll’s. Trotz der hundert Leute, die durchs Bild laufen. Und da wird’s tricky. Denn die Hochglanzbilder nachzuahmen, bringt macht oft beim Anschauen des Endprodukts eher schlechte Laune. Wie also den eigenen Urlaubsbildern so richtig Charakter geben? In der Minth-Reihe „Reisen mal anders“, nehmen wir euch mit in den Urlaub und versuchen zu zeigen, wie man mehr aus seinen Erinnerungen rausholen kann. Diesmal geht’s mit „Mailand mal anders“ in die wunderschöne Lombardei.

Nach knapp zwei Jahren ohne war ich wirklich urlaubsreif und in Italien war ich schon seit sechs Jahren nicht mehr. Also Mailand als erste Station. Als Architekturfan habe ich viel Gutes von der Stadt gehört: Die Häuser der Innenstadt sind eindrucksvoll verziert, weiter draußen gibt’s viel spannende moderne Architektur.

1. Außenbezirke Mailands als Start

Ich entscheide mich meist bewusst gegen eine Unterkunft in der Innenstadt. Sie sind teurer, nachts oft laut und es gibt wirklich viele Scams unter ihnen. Auch dieses Mal war ich auf Airbnb unterwegs (nur geteilte, keine exklusiven Unterkünfte – der Ausverkauf der Innenstädte is real!), um Mailand mal anders erleben zu können. Altstädte sind meist pittoresk, sauber und voller Tourist:innen. Wirklich gute Restaurants und Studentinnen- und Künstlerviertel liegen oft aber ein wenig weiter vom Stadtkern entfernt – und tragen zeitgleich zum Charme der Stadt bei, in der man ist. Hier gibt’s oft die schönsten Fotomotive – weniger generisch, ein bisschen lebendiger und vielleicht kommt man sogar mit ein paar Leuten ins Gespräch? Meine Empfehlung für den ein wenig anderen Urlaub ist also, sich nicht von längeren Strecken abschrecken zu lassen. U-Bahnen oder Busse fahren immer. Und zur Not ein Taxi. Aber gerade das Stromern durch die Seitenstraßen macht ja Spaß, will man Mailand mal anders erleben.

2. Mailand mal anders: Farben

Easy, weil die ganze Zeit um uns herum: Farben und Formen. Im Fall von Mailand sind die Farben super interessant. Der ältere Teil der Stadt wirkt wärmer und ein wenig bunter. Hier scheinen Wände und Werbetafeln noch aus dem letzten Jahrhundert zu stammen. Gerade in der fiesen Mittagssonne leuchten sie wunderschön und spenden Schatten. Gleichzeitig ist Mailand natürlich die innovative Modemetropole , die mit Prada auch eine sehr progressive Marke hervorgebracht hat. Mailand gibt sich also auch sehr clean und weiß – und grün. Viele Fassaden und Balkone sind mit Pflanzen geziert. Ganz klar ist auch der berühmte Bosco Verticale an dieser Stelle eine Inspiration: Ein tiefes Grün ist allgegenwärtig und haucht dem moderneren Teil der Stadt einiges an Leben ein.

3. Formen: Der andere Teil Mailands

Der gleichen Logik folgend sind die Formen im Stadtzentrum oft klassischerer Natur und die Stadtteile Mailands mit moderner Architektur sehr experimentell und mit vielen verschiedenen Ebenen versehen. Die vielen Galerien und Öffnungen machen sogar EInkaufszentren spannend – je nachdem, wie das Licht fällt. Formen können also durch die Häuser vorgegeben werden, müssen es aber nicht. Denn Formen können auch – ganz simpel – durch Licht und Schatten entstehen. Einfallende Sonnenstrahlen oder tiefe Schatten sind immer spannender als platte Hauswände. Deshalb: Nach interessanten Formen Ausschau zu halten, lohnt sich genauso, wie nach leuchtenden Farben zu suchen, um Städte wie Mailand mal anders zu erleben.

4. die Menschen in Mailand mal anders: Streetphotography-Style

Klar, den Platz vor dem Dom oder die Vittorio Emmanuele Passage wird’s nie ohne Leute geben. Deshalb mache ich sie mir einfach zunutze. Man kann Menschen einbauen wie Statist:innen, die durchs Bild gehen, um eine Dimension erfahrbar zu machen (siehe die Bilder von Punkt 3). Wenn man sich gezielt eine Person oder Personengruppe rauspickt und darauf achtet, sie zum Teil der Szene zu machen und nicht zum unangenehmen Beiwerk, bei dem Füße oder Hände abgeschnitten sind, kann das Bild sogar nochmal anders aufgewertet werden. Auf den drei Bildern unten funktioniert das ganz einfach: Auf dem ersten Bild hat die Protagonist:in ein tolles buntes Outfit an, steht aber trotzdem im Schatten, während der Rest des Bildes in der Mittagssonne liegt. Sie wirkt fast so, als würde sie verharren. Ich mag’s, dass sie so zentral im Bild steht, obwohl ich damit jede Regel gebrochen habe. Aber nun. Im zweiten Bild ist mir ein älterer Herr durchs Bild gelaufen. Und auf dem dritten wusste ich, dass ich den Vorplatz nicht für ein Bild nicht menschenleer bekomme. Dadurch, dass die Stufen den Frame halbieren, liegt der Schwerpunkt auf den Menschen, die Selfies machen und den Platz genießen, statt auf einem lukewarm Versuch, die Kathedrale zu zentrieren.

5. Framing

Und die spannendsten Motive entstehen natürlich dort, wo man es schafft, Farben – Formen – Menschen – zu verbinden. Denn manchmal muss es halt einfach der Duomo di Milano, der Mailänder Dom, sein. Ich versteh‘ das. Man will ja hinterher nicht sagen: Ja, ich war da, aber ich habe kein Bild geschossen. Deshalb versuche ich immer, spannende Frames zu finden, die die vorherigen Punkte gut umsetzen. Auf dem ersten Bild ist zum Beispiel die Metall-Mauer von der U-Bahn ultra modern und ein ganz anderer Stil als der Dom. Gegensätze machen ein Bild einfach spannend. Auch die anderen Bilder zeigen das klassische Mailand mal anders, von einer neuen Seite: Farben, Formen und Kontraste und Suchen nach Gegensätzen können halt einfach wirklich ne Herausforderung sein, die Spaß macht.

Bald gibt’s hier mehr von unserer „Reisen mal anders“ – Serie. Und bestimmt gibt’s an der gleichen Stelle bald auch ein paar meiner analogen Italien-Bilder.

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * markiert.

Beitragskommentare